Gastbeitrag von Nora Hespers
Nora Hespers ist freie Journalistin, Bloggerin (sic) und Podcasterin
Seit Wochen beobachte ich still, was da draußen auf den Straßen passiert. Nur selten spreche ich über meine Gedanken dazu. Aber ich glaube, es ist an der Zeit, über das zu sprechen, was in mir vorgeht. Denn mir ist seit ich diesen Job mache sehr bewusst, was ich da tue. Vor allem bin und war ich mir immer der Gefahren bewusst, die dieser Job mit sich bringt. Denn ich bin in dem Bewusstsein aufgewachsen: Wer sich öffentlich politisch äußert, riskiert den Tod. Natürlich nicht in einer Demokratie. Aber was, wenn diese Demokratie irgendwann nicht mehr existiert? Was dann?
→ Erstveröffentlichung am 9.09.2018 auf mensch-frau-nora.de
Wider die Angst
9. September 1943 – in den frühen Morgenstunden wird in Berlin-Plötzensee der politische Häftling Theodor Franz Maria Hespers hingerichtet. Er wird mit einem Drahtseil um den Hals an einem Fleischerhaken erhängt. Zusammen mit drei weiteren Häftlingen. Vor ihm und nach ihm werden es noch viele, viele mehr sein. Er stirbt in den Blutnächten von Plötzensee. Er hinterlässt eine Frau und einen Sohn – meinen Vater.
75 Jahre ist das jetzt her. Und hier sitze ich. Eine deutsche Journalistin. Weiß, weiblich, gut gebildet trotz einer Herkunft als Arbeiterkind und damit unglaublich privilegiert. Hier sitze ich und genieße, wofür mein Großvater gekämpft und mit seinem Leben bezahlt hat: Demokratie und Freiheit.