Bedroht der deutsche Rechtsextremismus die Demokratie? Und wie groß ist die Gefahr? Zieht man allein die Wahlergebnisse einschlägiger Parteien oder die Zahl der Straf- bzw. Gewalttaten heran, entsteht ein verzerrter Eindruck. Schleichende und damit wenig augenfällige Prozesse geraten aus dem Blick.
Schwerer erkennbare Pfade hat insbesondere die Neue Rechte eingeschlagen: Diese intellektuelle Strömung organisiert sich in informellen Zirkeln, häufig im Umfeld von Zeitungen und Zeitschriften wie der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“ (JF): Sie tritt keineswegs durch Gewalt in Erscheinung, koketiert nicht nationalsozialischer Symbolik und hält keine mediengerechte inszenierten Aufmärsche ab. Vielmehr dient sie dem Rechtsextremismus als Stichwort- und Ideologieschmiede. Sie macht wenig Hehl daraus, dass ihr Ziel weitrechend und langfristig ist: die Meinungsführerschaft in Deutschland, die „kulturelle Hegemonie“. Ihr Aktionsfelde ist weder die Straße noch sind es die Parlamente, sondern die Diskurse, in die die Neue Rechte eingreifen möchte, um einen politischen Klimawechsel vorzubereiten.
Wer oder was ist die Neue Rechte? Auf diese Frage geben Wissenschaftler und Verfassungsschützer unterschiedliche Antworten. Wolfgang Gessenharter, Professor an der Helmut-Schmidt-Universität, der Universität der Bundeswehr in Hamburg, sieht sie als eine intellektuelle Strömung zwischen Rechtsextemismus und demokratischer Gesellschaft: nicht eindeutig rechtsextremistisch, nicht eindeutig demokratisch.
Vielmehr wirkte sie wie ein Scharnier zwischen beiden Spektren und verkoppele sie. Scharniere tennten schließlich zwei Gegenstände voneinder, verbänden sie aber auch beweglich miteinander. (Gessenharter 1994a: 426f.)
Für den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen, der einen Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Auseinandersetzung mit der Neuen Rechten legt, ist sie eine Teilmenge des rechtsextremistischen Spektrums. Von diesem Begriffsverständnis geht folgender Beitrag aus. Der Verfassungsschutz NRW zählt nur intellektuelle Gruppen und Medien zur Neuen Rechten, die auch Beobachtunsobjekt der Behörde sind, als tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen aufweisen, wie es im Verfassungsschutzgesetz von NRW heißt. Das gilt beispielswiese für die Zeitung „Junge Freiheit“, das Magazin „nation24.de“ (köln), den Theoriezikel „Tule-Seminar“ (Kassel) oder das „Deutsche Kolleg“ (Belin/Würzburg). Letzteres verbreutet im Internet skurrille Schulungsmaterialien für die rechtsextremistische Szene. Zu seinen Köpfen gehört der ehemalige RAF-Terrorist Horst Mahler. Die offene und aggressive rassistische Propaganda macht diesen Zirkel eher zu einer Ausnahme der neurechten Szenerie: Typischer ist die intellektuelle Ummantelung ihrer Positionen, Einer der Protagonisten, Karlheinz Weißmann, hat diese sprachliche Tarnung als "politische Mimikry" bezeichnet (Weißmann 1986: 179).
Nicht der Nationalsozialismus ist das Leitbild der Neuen Rechten, Vielmehr sind es die Vertreter der so genannten Konservativen Revolution; intellektuelle der Weimarer Zeit, die die junge deutsche Demokratie vehement bekämpft haben. Vor allem das Gleichheitsprinzip der Weimarer Verfassung, das jeder Bürgen n und jedem Bürger dieselbe Wahlstimme garantierte,. war den Anhängern der Konservativen Revolution zuwider. Für den Münchner Politikwissenschaftler Kurt Sontheimer waren antidemokratische Publizisten und Wissenschaftler wie Arthur Moeller van den Bruck, Oswald Spengler oder Gar! Schmitt die Wegbereiter des Nationalsozialismus: Ohne ihre "geistige Aufwühlarbeit wäre Hitler "nicht allzu weit gekommen" (Sontheimer1994: 288). Für die Neue Rechte dagegen sind sie eine ideologische Quelle und Persönlichkeiten, auf die man sich gern bezieht. deutlich hat dies die "Junge Freiheit" in den frühen 1990er Jahren getan, als sie in einer Werbekampagne für sich reklamierte: "Jedes Abo eine Konservative Revolution". Ein heutiger Redakteur antwortete auf die Frage, was er in seinem Leben bewirken möchte: "eine kleine 'konservative Revolution"' (Ochsenreiter 1995: 21O) . Auch strategisch hat die Neue Rechte eigene Akzente gesetzt. Vom italienischen Marxisten Antonio Grarmsci (1891-1937) hat sie das Konzept der "kulturellen Hegemonie" aufgegriffen. Gramsci ging davon aus, dass eine, politische Strömung nur dann die Macht im Staate übernehmen könne, wenn sie zuvor die Meinungsführerschaft errungen, Themen und Begriffe besetzt habe. Anschließend würde ihr Parlamentsmehrheiten und Regierungsverantwortung in den Schoß fallen. Daher konzentriert sich die Neue Rechte auf publizistische Arbeit; Wahlkämpfe und Parlamentsarbeit interessieren sie nur am Rande. Der Versuch; Meinung zu prägen, zielt in erster Linie auf Elitediskurse' erstreckt sich mitunter aber auch auf die Jugendkultur. Das Magazin 'nation24.de" bemüht sich um einen Spagat: intellektuelle Autoren in der Zeitschrift und subkulturelle Musik für das jüngere Publikum. Der Versandhandel, der zum Verlag des Herausgebers Manfred Rouhs gehört, hat zumindest in der Vergangenheit auch CDs aus der Skinhead-Szene angeboten oder vom rechten Rand des Gothic-Spektrums. Diese Kombination, der auch kommerzielle Motive zu Grunde liegen dürften, begründete Rouhs in einem Fernsehinterview ausdrücklich mit dem Ziel, sein Publikum passgenau ideologisch zu bedienen:
Ich hebe hier auch ein bisschen auf Gramsci ab, [...] der eben sagt man muss den Streit führen um die kulturelle Hegemonie. Wenn wir das konkret tun wollen, dann müssen wir das machen mit Kulturträgern. die auch akzeptiert werden" (zit. nach Dornbusch/ Raabe 2002: 126).
Zum Rückgriff auf die Konservative Revolution und Gramscis strategisches Konzept hatte die Neue Rechte ehe ähnlich gelagerte Strömung in Frankreich inspiriert: die Nouvelle Drode, die in den späten 1960er Jahren aufkam. Zu ihren Köpfen zählt der Publizist A!ain de Benoist, bis heute ein wichtiger Mittler zwischen den intellektuellen rechten Lagern beider Länden. Wie die Nouvelle Droite verstand sich die frühe Neue Rechte als Gegenpol zur Neuen Linken, die in Gestalt der Studentenbewegung von 1968 in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte, Mit den "68ern" verbindet die Neue Rechte bis heute eine Hass-Liebe: als Vorbild in punkte Breitenwirkung und als ideologisches Feindbild.
Einer der Gründerväter der deutschen Neuen Rechten war der im Juli 2003 verstorbene Wissenschaftler und Publizist Armin Mohler, der mit seiner Dissertation "Die Konservative Revolution 1918-1932" der Neuen Rechten einen "Leitfaden für die weitere Auseinandersetzung mit deren Ideologie" lieferte (Pfahl-Traughber 1998: 164). Anfangs zählte Mohler zu den Köpfen der Zeitschrift "Criticón", später war er langjähriger Mentor der "Jungen Freiheit". 1995 bekannte er sich in einem Interview ausdrücklich zum Faschismus. Auf die ,ge, ob er ein Faschist sei, antwortete Mohler: "Ja, im Sinne José Antonio Primo de Riveras" (zit nach David 1995), und verwies damit auf einen zentralen Wegbereiter der Franco-Diktatur.
Initialzündung der Neuen Rechten in Deutschland war die Niederlage der NPD bei der Bundestagswahl von 1969, als die Partei den Einzug ins Parlament mit 4,3 Prozent der Stimmen knapp verfehlte. Das Sammelbecken zerfiel;. Aus ihm gingen Gruppen hervor, die vor allem die jüngere Generation ansprachen, teils einen nicht parlamentarischen, aktionistischen Kurs verfolgten, teils Theoriebildung voranbringen wollten und die das Etikett "Neue Rechte" aufbrachten. Diese Selbstbezeichnung ist heute seltener geworden, gleichzeitig hat sich die Neue Rechte ausdifferenziert. Zu den Nationalrevolutionären, die die Frühphase der Strömung prägten, auch mit dem Vokabular der politischen Linken jonglierten und für die heute etwa das "Deutsche Kolleg" steht, traten die im Ton moderateren Jungkonservativen, wie sie sich beispielsweise in der "Jungen Freiheit" finden. Sie dominieren inzwischen und sind vor allem an Kontakt und Kooperation mit wertkonservativen Kräften interessiert. Diese Flügel schließen an unterschiedlichen Teilen der Konservativen Revolution an. Rückenwind erhoffte sich die Neue Rechte im Zuge der deutschen Einigung: In dem Maße, in dem nationale Kategorien eine Renaissance erlebten, hoffte sie ihre Breitenwirkung auszubauen, Im gewünschten Umfang gelungen ist es ihr nicht, der Aufbruchsstimmung folgte Ernüchterung.
Wer die "kulturelle Hegemonie" anstrebt, hat konsequenterweise die Mehrheitsgesellschaft fest im Blick. Dies gilt auch für die Neue Rechte, der es darum geht, die Trennungslinie zwischen rechtsextremistischen und demokratisch-konservativen Kräften zu verwischen. Der Verfassungsschutz NRW spricht von einer "Erosion der Abgrenzung" zwischen beiden Spektren, der die Neue Rechte Vorschub leistet (Innenministerium NordrheinWestfalen 2004: 12). Ein Mittel ist das recht breite Spektrum der Stimmen, die beispielsweise in der neurechten Zeitung "Junge Freiheit" zu Wort kommen: Dazu zählen etwa Interviews mit ausgewiesenen Demokraten, gleichzeitig "bietet die JF aber unverändert auch rechtsextremistischen Autoren ein Forum". Mitunter bedienen sich Redakteure und Stammautoren "gängiger rechtsextremistischer Argumentationsmuster"' (Bundesministerium des Innern 2003: 95). Offenbar strategisch genutzte Sammelbegriffe integrieren die Bandbreite vom Rechtsextremismus bis zu demokratischen Organisationen: "national" und "konservativ". Mit solchen Bezeichnungen versieht die "Junge Freiheit" nicht nur die Unionsparteien, sondern auch die "Republikaner", manchmal sogar die NPD. Gleichzeitig betont die Zeitung ihre demokratische Ausrichtung und verweist auf reputierliche Interviewpartner wie den Brandenburger Innenminister Jörg Schönbohm. Sie verschweigt jedoch, dass dieser inzwischen auf Distanz zu dem Berliner Blatt gegangen ist nachdem er mit Zitaten aus der "Jungen Freiheit" konfrontiert worden war. Unter diesen Bedingungen, sagte Schönbohm, werde er der Zeitung kein Interview mehr geben (zit. nach Appenzeller/Jansen 2002).
Regelmäßig attackiert die Zeitung den Verfassungsschutz NRW, der die JF - ebenso wie die Verfassungsschützer in Baden-Württemberg - ohne nachrichtendienstliche Mittel beobachtet. 1996 hat sie gegen die Beobachtung geklagt und war vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf und dem Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster auf ganzer Linie unterlegen. Inzwischen hat sie Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht und klagt erneut beim Verwaltungsgericht - diesmal gegen ihre Erwähnung im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2002. Mit den Prozessen hat die JF den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl beauftragt, der zum wichtigsten Werbeträger der Zeitung geworden ist. Jegliche Verbindung zum Rechtsextremismus bestreitet sie vehement; mit dem Etikett "Linksextremist" ist die Zeitung dagegen weniger zurückhaltend. So machte eine wissenschaftliche Fachtagung, die der Verfassungsschutz NRW im Oktober 2003 zur Frage "Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie?" ausgerichtet hatte, über Monate Schlagzeilen in der "Jungen Freiheit". Angeblich sei die Tagung von "linksextremistischen" Referenten geprägt. Tatsächlich handelte es sich um ausgewiesene Experten wie die Professoren Kurt Sontheimer, Wolfgang Gessenharter und Christoph Butterwegge (Köln).
Ihre Medien sind das zentrale Instrument der Neuen Rechten. Der Medienmix umfasst Printmedien wie Bücher und Zeitschriften, zunehmend aber auch Internet-Seiten. Unter dem Pseudonym "Esclarmonde" verbreitet eine neurechte Aktivistin ihre umfangreiche Homepage, die den Besucher mit einem Foto des Obergruppenführersaals der Wewelsburg bei Paderborn begrüßt. Während des Nationalsozialismus sollte die Burg zur zentralen Kult- und Schulungsstätte der SS werden. Im Obergruppenführersaal befindet sich ein Bodenmosaik des zwölfspeichigen Sonnenrads, das als Abbildung der legendären "Schwarzen Sonne" verstanden wird. Dieses Symbol ist nicht nur für Neonazis, sondern auch für Teile der Neuen Rechten ein magisches Zeichen. So ist es das Emblem des rechtsesoterischen "Thule-Seminars". "Esclarmonde" bekennt sich zu einer metapolitischen Strategie im Sinne Grarnscis - ihr Credo:
Die weitaus meisten der 38 organisationsunabhängigen rechtsextremistischen Buchverlage und -vertriebe in Deutschland verbreiten auch Publikationen der Neuen Rechten. Die wichtigsten Foren des neurechten Spektrums aber sind Zeitungen und Zeitschriften. Sie zählen mitunter zu den professionellsten Organen des deutschen Rechtsextremismus und suchen ihre, Leserschaft auch undgerade jenseits des Rechtsextremismus. So möchte die "Junge Freiheit" offenbar eine publizistische Nitsche besetzen, die ein Leserbriefschreiber der Zeitung vor Jahren skizziert hat: Die Zeitung sei ein Ansatz,
"um die gewaltige Marktlücke zwischen Bayernkurier/ Rheinischer Merkur einerseits und Frey-Presse andererseits zu füllen" (Bahn 1989).
Gemeint war die Zeitungspalette des rechtsextremistischen Verlegers und Kopfs de!' Partei "Deutsche Volksunion', Gerhard Frey ("National-Zeitung"). Nach wie vor fischt die "Junge Freiheit' am Zusammenfluss um akademisch gebildete Leser, vorzugsweise in der ersten Lebenshälfte. Die Auflagen solcher Publikationen sind überschaubar. Der Verfassungsschutz NRW schätzt, dass monatlich rund 5.000 Exemplare von "nation24.de" und wöchentlich 10,000 der JF verkauft werden. Teils prominente Autoren und Interviewpartner verleihen Letzterer allerdings ehe Bedeutung, die über diese Zahl hinausgeht.
Um welche Inhalte geht es der Neuen Rechten? Im Zentrum stehen die mal mehrmal minder offensiv vor getragene Behauptung, Menschen seien von Natur aus ungleich, und de Forderung daraus politische Konsequenzen zu ziehen- Schon der Konservative Revolutionär Carl Scheit halte dies auf die plakative Formel gebracht: "Wer Menschheit sagt, will betrügen", und die allgemeinen Menschenrechte als "unveräußerliche Eselsrechte" verhöhnt (zit. nach Gessenharter 1994b: 85). Kritik an der Idee der allgemeinen Menschenrechte taucht in der Neuen Rechten bis heute immer wieder auf. Identität könnten die Menschen nur innerhalb ihrer eigenen ethnischen Gruppe finden, die möglichst homogen bleiben solle. Damit geht die Neue Rechte nicht von der nationalsozialistischen Vorstellung höher- und minderwertiger Rassen aus, wohl aber vom Ziel, dass ethnische Vermischung 'folglich auch die Integration von ethnisch nicht Deutschen - prinzipiell falsch und zu beenden sei. Sie greift auf das Konzept des neurechten Vordenkers Henning Eichenberg (alias "Hartwig Singer") zurück, der diesen Ansatz als "Ethnopluralismus" bezeichnet hatte. Typisch für die verbalen Verwirrspiele dieser Strömung sprach Alain de Benoist von "differenzialistischem Antirassismus" oder "gemäßigtem Multikulturalismus" Als "universalistischen Rassismus" bezeichnete er Positionen, die die Gleichheit von Menschen betonen und den "Rassen" somit ihre Identität nähmen (zit. nach Krause 1998: 5).
Tritt die Neue Rechte auch selten durch spektakuläre Aktionen hervor, weht sie doch eine Vielzahl von Er scheinungsformen auf: Hierzu zählen neben ihren Medien lose strukturierte Gruppen und Organisationen, Schulungsarbeit sowie öffentlichkeitswirksame Appelle, Solche Petitionen werden mitunter in großen de' mokratischen Tageszeitungen als Anzeigen platziert, vorzugsweise in der wertkonservativen FAZ. Mit einiger Systematik bemüht sich die Neue Rechte, Zielgruppen außerhalb der eigenen Reihen zu erreichen. Solche Versuche hat der Verfassungsschutz NRW an zwei Beispielen dokumentiert: den Bemühungen der Neuen Rechten um Einfluss auf studentische Verbindungen, insbesondere Burschenschaften, und auf den rechten Rand der Gothic-Kultur (vgl. Innenministerium Nordrhein-Westfalen 2004: 123-132)
Die Neue Rechte mag eine eher kleine Strömung, ihre Breitenwirkung begrenzt sein - für den deutschen Rechtsextremismus erfüllt sie eine doppelte Funktion Nach innen dient sie als Avantgarde und damit Ideenschmiede, nach außen als Brücke. Gelegentlich wandern ideologische und strategische Elemente, de in der Neuen Rechen Iren Ursprung haben, von dort bis in große Teile des Rechtsextremismus hinein. Allein die Existenz intellektueller Vordenker dürfte Handlungsmotivationen anderer Rechtsextremisten abstützen, möglicherweise selbst, von Gewalttätern. Es liegt aber auch nahe, dass der intellektuelle Anspruch dieser Strömung, die Abstraktheit mancher Texte und der elitäre, vordergründig gemäßigte Duktus die neurechte Publizistik vom militanten Flügel des deutschen Rechtsextremismus trennt. Die Neue Rechte soll andererseits Brücken zur gesellschaftlichen Mitte schlagen. Einer Strömung, die die sprachliche Tarnung beherrscht, könnte dies eher gelingen als plumpen Neonazis gesellschaftlichen Randgruppen wie den Skinheads.
Die Neue Rechte möchte den Abschied von der "offenen Gesellschaft" einläuten, Homogenitätsvorstellungen und ethnisch-nationale Kollektive ins Zentrum der Politik rücken. Während Wahlerfolge rechts extremistischer Parteien kommen und gehen, arbeitet diese Strömung beharrlich am Paradigmenwechsel: von den individuellen Freiheiten zu kollektiven Verbindlichkeiten. Die Schwelle zur Strafbarkeit überschreiten neurechte Medien nur selten, und es geht nicht darum, sie zu verbieten - wohl aber um Wachsamkeit: von Staat und Zivilgesellschaft.
Literaturverzeichnis:
1. Appenzeller, Gerd/Jansen, Frank: "ich trete wieder als Spitzenkandidat an". CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm über seine Zukunft, Ministerrücktritte, falsche Interviews und den Mord von Potzlow. In: Der Tagesspiegel vom 3.12.2002
2. Bahn, Peter: Lücke zwischen Bayernkurier und FreyPresse. In: JF 6/1989, S. 14 (Leserbrief) 3. Bundesministerium des innern (Hrsg.): Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2002, Berlin, 2003
4. David, Fred: "Ich bin ein Faschist". Interview mit Armin Mohler. In: Leipziger Volkszeitung vom 25.11.1995 (Journal), S. 2
5. "Esclarmonde": Heil og sael! In: Reich Europa - Esclarmondes Heimatseite (ges. am 9.7.2004)
6. Gessenharter 1994a: Gessenharter, Wolfgang: Rechtsextremismus und Neue Rechte in Deutschland - Gefahren für die Republik. In: Gegenwartskunde (1994)4; S. 419-430 7.
7. Gessenharter 1994b: Gessenharter, Wolfgang: Kippt die Republik? Die Neue Rechte und ihre Unterstützung durch Politik und Medien, München: Knaur, 1994
8 Gessenharter, Wolfgang und Pfeiffer, Thomas (Hrsg. ): Die Neue Rechte - eine Gefahr für die Demokratie, Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 2004
9. innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Die Kultur als Machtfrage. Die Neue Rechte in Deutschland, 2. Aufl., Düsseldorf, 2004
10. Krause, Peter: "Einwanderung bedroht unsere kollektive Identität nicht". Alain de Benoist, Vordenker der Neuen Rechten in Frankreich, über Rassismus und Antirassismus, Ideologien und Fremdenfeindlichkeit. In: JF vom 17.7.1998, S. 4-5
11. Ochsenreiter, Manuel: Erziehungssache. In: Bubik, Roland (Hrsg. ): Wir 89er. Wer wir sind - was wir wollen, Frankfurt a.M./Berlin: Ullstein, S. 209-225
12. Pfahl-Traughber, Armin: "Konservative Revolution" und "Neue Rechte". Rechtsextremistische intellektuelle gegen den demokratischen Verfassungsstaat, Opladen: Leske + Budrich, 1998
13. Sontheimer, Kurt: Antidemokratisches Denken in der Weimarer Republik. Die politischen Ideen des deutschen Nationalismus zwischen 1918 und 1933, München: dtv wissenschaft, 4. Aufl., 1994
14. Weißmann, Karlheinz: Neo-Konservatismus in der Bundesrepublik? Eine Bestandsaufnahme. In: Criticón 17(1986) 96, S. 176-179